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Plädoyer für eine autofreie Römerbrücke

TV(20200813)Römerbrücke

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Zuletzt geändert
29.09.2020

Der einsetzende Regen konnte nicht stören. Auf der Trierer Römerbrücke wurde am Mittwochabend an einen Beschluss des Stadtrats erinnert: Das Weltkulturerbe soll in Zukunft nur noch für Fußgänger und Radfahrer nutzbar sein.
(Trierischer Volksfreund - Rainer Neubert)

Die dunklen Wolken, die aus dem Osten heranziehen, können die Aktivisten nicht vertreiben, die sich am Mittwoch am späten Nachmittag auf der Römerbrücke versammelt haben. Bündnis 90/Die Grünen haben gemeinsam mit der Grünen Jungend Trier, Fridays for Future, Parents for Future und Extinction Rebellion Trier zur Demonstration eingeladen. Rund 100 Menschen sind mit dem Fahrrad und zu Fuß dem Aufruf gefolgt und stellen sich nach kurzen Abspracheproblemen abstandsgerecht an den auf die Straße gemalten Kreidekreuzen auf.

„Wir erleben die aktuelle Sperrung der Brücke wegen der Baustelle im Westen für viele Menschen als Positiv“, sagt Wolf Buchmann, der die Demonstration im Rathaus angemeldet hat. „Die Verkehrskatastrophe ist noch nicht eingetroffen. Wir wollen heute dafür demonstrieren, dass wir zu der Forderung stehen, die der Stadtrat beschlossen hat, nämlich die Römerbrücke möglichst schnell vom Autoverkehr zu befreien.“

Der Stadtrat hatte am 19. Mai 2015 einem geänderten Antrag der Grünen mehrheitlich zugestimmt, in dem die Verwaltung aufgefordert wird, die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten, um die Römerbrücke langfristig nur noch für Fuß- und Radverkehr, Busse und Taxen freizugeben. Eine Fristsetzung bis zum Jahr 2025 war damals aus dem ursprünglichen Antragstext herausgenommen worden, weil mit Blick auf den Zustand der anderen beiden Moselbrücken eine solche Terminsetzung kaum einzuhalten wäre. So hatte Verkehrsdezernent Andreas Ludwig damals argumentiert. Wenn man die Römerbrücke autofrei mache, so Ludwig damals, gehe es schließlich rum 14 000 Autos, die täglich an anderer Stelle fahren müssten. An dieser Grundproblematik hat sich bis heute seiner Einschätzung nach nichts verändert.

Ole Seidel, mobilitätspolitischer Sprecher der Grünen Ratsfraktion, ist anderer Meinung. „Anstatt die Beschilderung nun wieder zu ändern und den Autoverkehr erneut über das Unesco-Welterbe verkehren zu lassen, sollte der Baustellenzustand dauerhaft etabliert werden.“ Auch Fraktionsvorsitzende Anja Reinermann-Matatko argumentiert, dass sich die Situation in den vergangenen fünf Jahren geändert habe. „Seit 2015 erleben wir einen Hitzesommer nach dem anderen, Trier hat den Klimanotstand beschlossen, und wir hatten aufgrund der Baustelle eine mehrwöchige Testphase für eine autofreie Römerbrücke.“ Bernhard Hügle, stellvertretender Ortsvorsteher von Trier-West, plädiert ebenfalls dafür, „das Vorhaben nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag zu verschieben“.

Verkehrsdezernent Andreas Ludwig reagiert auf solche Forderungen mit der Bitte um Geduld, weil zunächst wichtige Sanierungsvorhaben erledigt werden müssten. Auch er ist der Meinung, dass die Römerbrücke aufgewertet werden muss, um ihrem Status als Weltkulturerbestätte gerecht zu werden. Der Rückbau der Fahrbahn sei dazu auch der richtige Ansatz. „Ehe man dies auf der Römerbrücke umsetzen kann, müssen aber einige Voraussetzungen zwingend erfüllt sein: Die Umgestaltung des Römerbrückenkopfs sowie die Entlastungsstraße in Trier-West und der Bau der Haltepunkte an der Weststrecke müssen fertig sein. Die anstehende Sanierung der Kaiser-Wilhelm-Brücke muss erledigt sein. Und es muss auch geklärt sein, ob eine umfassendere Sanierung der Adenauer-Brücke schon bald nötig ist.“

Nach Ansicht der Verwaltung werden die Bau-Projekte im Westen in den kommenden Jahren zu Einschränkungen für den Autoverkehr führen, die sich auch auf die Brücken auswirken. Die Römerbrücke zu sperren und danach die Kaiser-Wilhelm-Brücke zu sanieren, hält Ludwig für unmöglich. „Sämtliche Verkehrsströme, die heute über drei Brücken führen, lassen sich nicht über eine einzige verbleibende Brücke leiten – das würde mit Sicherheit zu einem echten Verkehrschaos führen.“ Vor Mitte der 20er Jahre sei eine Verkehrsberuhigung auf der Brücke deshalb unrealistisch. Zudem glaubt Ludwig, dass mit dem Ende der Ferien der Verkehr wieder stark zunehmen wird. Im nächsten Bauabschnitt werde die Brücke deshalb wieder stadteinwärts für Autos freigegeben.

Komplett verschließen wollen sich viele Teilnehmer der Demonstration diesen Argumenten nicht. Ihnen geht es vor allem darum, ein Ausrufezeichen zu setzen. Der heftige Regen, der dann doch noch einsetzt, verdirbt ihre Stimmung nicht.

(gesamter Text - siehe auch Dokument in der Anlage)

Bilder
  • Anja Reinermann-Matatko und Wolf Buchmann gehören zu den Organisationen der Veranstlatung.

    TV-Foto: Rainer Neubert

  • Eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer. Das will eine Aktionsgemeinschaft unter Führung der Trierer Grünen, die am Mittwochabend auf der Römerbrücke demonstrieren.

    TV-Foto: Rainer Neubert

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