Datum

Land kürzt beim sozialen Wohnungsbau: Projekte in Trier gefährdet

TV(20241031)Sozialer Wohnungsbau

Ereignisart
Gebiet
Zuletzt geändert
07.11.2024

Mieten wird in Rheinland-Pfalz immer teurer. Sozialwohnungen sollen Menschen mit niedrigen Einkommen bei diesem Problem helfen. Doch Landespläne könnten den Bau solcher Projekte
plötzlich scheitern lassen.
(Trierischer Volksfreund - Sebastian Stein und Bastian Hauck)

In Rheinland-Pfalz fehlende Tausende Wohnungen für Menschen mit geringen Einkommen. Die Landesregierung hat in ihrem neuen Haushalt zwar fast doppelt so viel Geld wie bislang für die Förderung neuer Sozialwohnungen eingeplant. Doch neue Regeln könnten den sozialen Wohnungsbau ausbremsen. Das SPD-geführte
Finanzministerium plant nämlich, die Förderung einzelner Projekte zu kürzen. Das geht aus internen Papieren hervor, die unserer Redaktion vorliegen. Zuerst hatte der SWR darüber berichtet.

Nach Plänen des Finanzministeriums könnten Zuschüsse an Bauherren künftig um bis zu 15 Prozent geringer ausfallen als bisher. Zudem gab es bislang zehn Jahre lang zinsfreie Darlehen. Nun sollen die Zinsen steigen. 

Anspruch auf öffentlich geförderte Sozialwohnungen haben Menschen, deren Einkommen einen bestimmten Betrag nicht überschreitet, ebenso Studierende oder
Auszubildende. Dafür unterstützt das Land Bauprojekte mit Steuergeld. Die Bauherren wiederum verpflichten sich, über 20 bis 30 Jahre lang günstige Mieten zu garantieren. In den vergangenen Jahren sind viele solcher Wohnungen aus der Mietpreisbindung herausgefallen und zu wenig neue nachgekommen. Experten
befürchten nun, dass der zuletzt positive Trend wieder ins Stocken geraten könnte - auch bei Bauvorhaben in der Region Trier. 

Trierer Bauprojekte in Gefahr

„Projekte wie im Trierer Burgunderviertel mit 66 Wohnungen sind durch die neuen Richtlinien gefährdet“, sagt Jan Eitel, Trierer Projektentwickler und Mitinhaber der Immprinzip GmbH, dem Trierischen Volksfreund. Es sei zwar legitim, die Förderbedingungen zu ändern. „Dafür brauchen wir aber einen Vorlauf, weil solche Bauprojekte über mehrere Jahre geplant werden“, kritisiert Eitel. Auch die Trierer gbt Wohnungsbau und Treuhand AG plante unter den alten Bedingungen 130 Sozialwohnungen auf dem ehemaligen Busdepot der Stadtwerke in Trier-West. „Wenn sich die Förderrichtlinien weiter verschlechtern, müssen wir neu rechnen“, sagt gbt-Vorständin Sybille Jeschonek. Im schlimmsten Fall würde sich das Projekt nicht mehr rentieren. „Für uns wäre das ein richtiger Schlag ins Kontor.“ Auch weitere Projektplaner befürchten den Absprung von Investoren, die ursprünglich unter anderen Bedingungen eingestiegen waren.

Trierer Projektplaner: Das wäre „unanständig“ 

Man könne sich auf den Staat nicht mehr verlassen, kritisiert Jeschonek. Die Landesregierung will die Bedingungen quasi von heute auf morgen ändern. Wie das Finanzministerium erklärt, sollen die neuen Regeln ab dem neuen Jahr gelten. Allerdings sogar rückwirkend für „bereits gestellte, aber noch nicht bewilligte Anträge“. Dieses Vorgehen sei ein „Vertrauensbruch“ gegenüber den Projektplanern, weil die Verlässlichkeit fehle, beklagt der Trierer Projektplaner Eitel. Sollten die neuen Bedingungen sogar für bereits eingereichte Anträge gelten, wäre dies laut Eitel „unanständig und rechtlich fragwürdig“. 

Brisant ist auch, dass es bei der zuständigen Investitions- und Strukturbank (ISB) offenbar einen Bearbeitungsstau bei den Anträgen gibt. Investoren warten oft monatelang auf die Bestätigung. Von 172 Förderanträgen sind in diesem Jahr erst 110 bewilligt worden, wie die ISB auf Anfrage mitteilt. Von den im vergangenen Jahr 263 eingereichten Förderanträgen wurden laut ISB 152 bewilligt. „Der deutliche Anstieg der Förderanträge war so nicht erwartet worden“, erklärt die Bank. Es gebe
allerdings auch Anträge, die nicht bearbeitet werden könnten, weil sie nicht vollständig vorlägen. Kommende Woche fällt die Entscheidung.

Eine Resthoffnung für bereits weit entwickelte Projekte besteht offenbar noch. Derzeit würden die Vorschriften „nochmals überarbeitet und finalisiert“, erklärt das Finanzministerium. Kommende Woche soll es Klarheit geben. Projektentwickler wie Eitel befürchten aber nicht nur Probleme für laufende Bauvorhaben. „Dass die Landesregierung bei der Förderung jetzt auf die Bremse tritt, halte ich für widersinnig. Das zarte Pflänzchen des sozialen Wohnungsbaus braucht genau das Gegenteil.“ So sieht es auch der rheinland-pfälzische Mieterbund. „Ich halte es für vollkommen verfehlt, eine solche Geschichte ausgerechnet jetzt anzustoßen“, sagt der Landesvorsitzende Franz Obst unserer Redaktion. Es stelle sich die Frage, wer dann überhaupt noch in sozialen Wohnungsbau investieren wolle. „Leidtragende sind am Ende die Mieter, die auf dringend benötigten sozialen Wohnraum angewiesen sind“, so Obst.

In den vergangenen Monaten wollten immer mehr Immobilienfirmen in den bis jetzt gut geförderten sozialen Wohnungsbau einsteigen, weil der freie Wohnungsmarkt zum
Erliegen kam. Insider vermuten, das Finanzministerium wolle mit schlechteren Bedingungen nun diese Nachfrage drosseln. Investoren dürften von den neuen Bedingungen abgeschreckt werden, weil der soziale Wohnungsbau so deutlich unrentabler wird. 

Mieten dürfen künftig steigen

Das Finanzministerium hingegen verteidigt die Pläne. Von Kürzungen wolle man nicht sprechen. Der Anstieg der Zinsen mache „maßvolle Anpassungen erforderlich, um möglichst viele Wohnungen fördern zu können“, heißt es. Die niedrigeren Zuschüsse von Landesseite sollen die Bauherren indes durch höhere Mieten ausgleichen. Bis zu 8,90 Euro dürfte der Quadratmeter nach den neuen Regeln kosten. Das sind 80 Cent mehr als bislang. „Unsere Berechnungen zeigen, dass die höheren Mieten die neuen Förderkonditionen nicht kompensieren“, sagt jedoch Eitel.

Heftige Kritik an SPD-Regierung

Kritik kommt auch von der Opposition im Landtag. Das Ahnen-Ministerium schlage den völlig falschen Weg ein, sagt die wohnungspolitische Sprecherin der CDU, Karina Wächter. So könnte es bald noch weniger Sozialwohnungen im Land geben. Es dürfe aber nicht sein, „dass der
Lohn harter Arbeit, die Rente am Ende eines arbeitsreichen Lebens oder die Unterstützung von Eltern und Staat zum Studium nicht für eine Wohnung reichen“, so Wächter. Der BSW-Landesvorsitzende Alexander Ulrich wirft der sozialdemokratisch geführten Landesregierung gar „Verrat“ vor, weil sich vom Wahlversprechen verabschiede und bei denen spare, die Hilfe besonders nötig hätten. 

Immer weniger Sozialwohnungen im Land

Sozialverbände kritisieren seit Langem, dass die Zahl der Sozialwohnungen im Land kontinuierlich sinkt. Berechnungen zufolge fehlen im Land mittlerweile 28.000 Sozialwohnungen. Wie viele es derzeit in Rheinland-Pfalz gibt und in fünf Jahren geben soll, kann die zuständige ISB wegen Personalproblemen und IT-Umstellung aktuell nicht beantworten.

Finanzierung
Keine Information hinterlegt.

Schlagwörter

SWT Busdepot

Personen

Eitel, Jan
Bilder
  • Im Westen Triers sollen 130 neue Sozialwohnungen entstehen – mit Förderung vom Land. Die Finanzierung steht nun womöglich auf der Kippe.

    Stadtwerke Trier

Dokumente

Dokumente