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Netzwerk für den Aufbruch im Trierer Westen

TV(20200718)Netzwerk für den Aufbruch im Trierer Westen

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Zuletzt geändert
09.12.2020

Wichtige Sanierungsprojekte im Gneisenaubering stehen vor dem Abschluss. Ob alle versprochenen Vorhaben realisiert werden können, ist aber offen. Dennoch überwiegt Optimismus – trotz Verzögerungen und Corona.
(Trierischer Volksfreund - Rainer Neubert)

Quartiersmanagerin Renate Heineck und die anderen Mitglieder vom Runden Tisch Trier-West strecken dem Fotografen stolz die Schilder mit dem neuen Logo entgegen. Es zeigt ein Netz von miteinander verbundenen Punkten, die gleichermaßen für die Gemeinschaft von Projekten, Akteuren und Institutionen im Trierer Westen und deren Zusammenwirken stehen. Nur ein Punkt ist grün, so wie der Bereich jenseits der stilisierten Mosel. „Das ist die Verbindung zur Ostseite der Stadt“, erklärt Heineck.

Seit mehr als 15 Jahren treffen sich die Mitglieder des Runden Tisches regelmäßig, aktuell alle zwei bis drei Monate. Die Verantwortlichen und Repräsentanten aller Initiativen, pädagogischen Einrichtungen, Schulen, sozialen Projekte und der Jugendarbeit sprechen dann über die Entwicklungen im Stadtteil Trier-West/Pallien. Es geht um neue Projekte, gegenseitige Unterstützung und Wertschätzung. Und immer wieder geht es auch darum, dass der eigene Stadtteil von den Trierern auf der anderen Seite der Mosel unterschätzt wird. Auch der Ortsbeirat ist bei den Treffen dabei, in der Regel repräsentiert durch Ortsvorsteher Marc Borkam, der seit der Kommunalwahl die Stelle von Horst Erasmy eingenommen hat.

„Wir versuchen, die Kommunikation zu verbessern“, sagt Borkam und meint damit auch den Draht zur Stadtverwaltung. „Durch die vielen Neubauprojekte mit hochpreisigen Wohnungen besteht hier in Trier-West die Gefahr der Gentrifizierung“, warnt er. „Wir müssen aufpassen, dass die sozialen Unterschiede im Stadtteil nicht zu groß werden.“ Vor allem in der ehemaligen Jägerkaserne müsse bezahlbarer Wohnraum entstehen.

Nur wenige Hundert Meter entfernt von dort, in dem denkmalgeschützten Bering der ehemaligen Gneisenaukaserne, ist zumindest das gesichert. Seit fünf Jahren wird den Bewohnern dort die Sanierung und Neugestaltung des Viertels versprochen. 9,7 Millionen Euro aus dem Bund-Länder-Programm Soziale Stadt sind dafür genehmigt. Dass diese Summe nicht für alle versprochenen Projekte reicht, ist kein Geheimnis. Doch zumindest sind die ersten Maßnahmen inzwischen fertig oder stehen kurz vor dem Abschluss.

So ist die Kita Bauspielplatz inzwischen aus dem Zwischenquartier Jägerkaserne in das sanierte Gebäude am Eingang des Gneisenauviertels gezogen, wenn auch im durch coronabedingten Notbetrieb. Das zweite Großprojekt, der Wohnungsblock Gneisenaustraße 33-37, wird nach der jahrelangen und umfassenden Sanierung voraussichtlich Ende des Jahres bezugsfertig sein. Dann könnte in nicht zu ferner Zukunft auch für die marode Mietskaserne „rosa Block“ das letzte Stündlein geschlagen haben, dessen derzeitige Bewohner dort einziehen sollen. 

Eine Baustelle ist mittlerweile auch das Eckgebäude Gneisenaustraße 44, wo mit Hilfe von 800 000 Euro der Reh-Stiftung ein Wohnprojekt für junge Obdachlose und Studenten realisiert wird. Auch der vier Millionen Euro teure Neubau für die achtgruppige Kita Walburga-Marx-Haus des Caritasverbands Trier nimmt Gestalt an. 90 Kinder sollen dort betreut werden. Derzeit läuft die Notbetreuung in der Jägerkaserne und im Dechant-Engel-Haus, wo sich auch das Büro von Quartiersmanagerin Heineck befindet. Dieses wird, ebenso wie die Räume der Gemeinwesenarbeit, im kommenden Jahr in das neue Caritas-Gebäude umziehen.

„Wir hoffen, dass es dann wieder normal weitergeht“, sagt Julia Wallrich von der Spiel- und Lernstube. „Viele hier fühlen sich alleingelassen.“ Das hat auch Sozialarbeiterin Dagmar Burozzadeh beobachtet. „Wegen der Corona-Beschränkungen war es schwer, alle Kontakte zu halten. In den ersten Wochen haben sich die Leute gegenseitig viel geholfen. Inzwischen schwindet die Geduld, sich an die Regeln zu halten.“

Geduld bewahren – nicht nur wegen Covid 19 – müssen auch die Leiter der Schulen im Stadtteil. Carola Siemon leitet die beiden Grundschulen mit derzeit 173 Kindern und 15 Lehrkräften. „Unser Kollegium war von Beginn an trotz der offiziellen Schulschließungen komplett im Dienst. Denn wir müssen für Kinder mit Sprachproblemen und aus Familien mit schwierigen Verhältnissen die Notbetreuung gewährleisten.“ Von ähnlichen Problemen, viel zu kleinen Räumen und schlechter IT-Infrastruktur berichtet auch Eugen Lang, Leiter der Kurfürst-Balduin Realschule plus. „Corona ist ein Brennglas, unter dem die Missstände aufploppen“, so sein Vergleich.

Zumindest für die Grundschulen ist die Perspektive klar: Beide Schulen sollen in einem neuen Gebäude zusammengeführt werden, das auf dem halben Feld des Don-Bosco-Sportplatzes stehen soll. Dafür genutzt werden sollen die Bauteile der mobilen Schule, die bis zur Fertigstellung der Integrierten Gesamt­schule auf dem Wolfsberg als deren Klassenräume dienen. Doch es gibt immer wieder Verzögerungen. „Wir rechnen inzwischen damit, dass die neue Schule nicht vor 2024 kommt“, sagt Carola Siemon.

Und auch weitere Gneisenauprojekte befinden sich in der Warteschleife. So soll im September die überfällige Sanierung der historischen Kasernenmauer beginnen, die Kleingärten im Quartier müssen neu geordnet, die Stellplatzfrage geklärt werden. Und dann ist da auch noch der geplante Deal der Stadt mit Don Bosco, über den Sportplatz und das versprochene Kleinspielfeld. Die Zeit für all das wird knapp, denn Ende 2021 läuft das Programm Soziale Stadt aus. Das Netzwerk auf dem neuen Logo  soll das überleben.

 

 

Bilder
  • Quartiersmanagerin Renate Heineck und die Mitglieder des Runden Tischs Trier-West präsentieren das neue Logo.

    TV-Foto: Rainer Neubert